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Rückblick auf die Ausstellung 2022/2023
Text und Bild

EIN SCHWESTERNWERK

Ein Jahr – 12 Monate – 24 Werkemit Bildern von Antonia Kiser und Texten von Ursi van Muyden.

In jedem Monat wurde ein Bild und ein Text kreiert. Dann wurden die Werke ausgetauscht und zum Text entstand ein neues Bild, zum Bild entstand ein neuer Text.Daraus ergaben sich 24 Gemeinschaftswerke, die zusammen (Un-) Sinn ergeben.

AUGUST BIS NOVEMBER

Die linke Seite war immer zuerst, die rechte Seite ist inspiriert durch die linken Werke

August

Parallelgeschichten

Ich habe schon jeden einzelnen Weckerton ausprobiert, sogar meinen Lieblingssong habe ich mir mal als Alarm installiert, vergeblich. Das erste Geräusch am Morgen ist einfach nur hässlich, das redet mir keiner schön. Und das Gesicht, das mich eine Minute später aus dem Spiegel anschaut, erschreckt mich täglich aufs Neue. Hab ich tatsächlich über Nacht mehr Falten bekommen?

Beim Öffnen des Kühlschranks kippt mir die Milchpackung entgegen. Mit einer Hand fange ich sie auf, dabei schwappt etwas Milch auf meine frische Bluse. Na bravo, wieder umziehen. Dabei bin ich schon spät dran. Angewidert beisse ich in den Toast, den ich gestern vergessen hatte, richtig einzupacken. Jetzt ist er vertrocknet und hart.

Meine Laune bessert sich nicht, als ich das Haus verlasse. Es regnet. Die vorbeifahrenden Autos werden mir meine Hose vollspritzen. Im Garten treffe ich auf die Nachbarskatze.

«Verdammtes Mistvieh, verschwinde.» Immer kackt sie mir in den Garten. Man sollte die doofen Viecher einsperren.

Ausgerechnet heute hat der Bus Verspätung. Ich setze mich in die hinterste Reihe. Bei der nächsten Haltestelle steigt wie jeden Morgen die Gruppe Schulkinder ein. Warum sind Kinder nur immer so schrecklich laut. Ich stecke mir die Ohrstöpsel rein und schaue aus dem Fenster. Der Tag wird wieder einmal schrecklich, das ist mir bereits klar.

 

 

Der Klang meines Lieblingssongs weckt mich aus meinen Träumen. Was für eine gute Idee, mir diesen Song herunterzuladen. Da steht es sich doch viel leichter auf. Erstaunt blicke ich in mein Spiegelbild. Sind das etwa neue Lachfalten? Das muss von gestern Abend sein. Frauenabend!

Beschwingt öffne ich den Kühlschrank. Zu beschwingt, wie sich herausstellt. Gerade noch kann ich die Milchpackung auffangen. Glück gehabt. Das wäre ärgerlich gewesen, wenn sich die Milch über den ganzen Boden ergossen hätte, wo ich doch schon spät dran bin. Ich beisse in den Toast, den ich glücklicherweise gestern noch übrig gelassen hatte, und mache mich auf den Weg.

Endlich regnet es. Es war seit Wochen trocken und heiss. Die Natur wird sich freuen.

Als ich Trixi, die Nachbarskatze erblicke, locke ich sie zu mir hin.

«Hier meine kleine Freundin, ich hab dir ein Würstchen mitgebracht, kannst mir dafür die Mäuse vom Haus fernhalten?»

Zum Glück hat der Bus ein paar Minuten Verspätung, sonst hätte ich ihn verpasst. Ich setzte mich in die vorderste Reihe. Bei der nächsten Haltestelle steigt die Gruppe Schulkinder ein. Mia setzt sich wie jeden Morgen neben mich und erzählt mir von ihren Haustieren. «Hier schau, das ist für dich», sagt sie und schenkt mir eine Zeichnung. Ich freue mich sehr. Ich werde sie über meinem Arbeitsplatz aufhängen.

Das wird ein wunderbarer Tag.

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Texte von Ursi van Muyden, urheberrechtlich geschützt

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August

GRÖSSE: 60 X 60CM
VERKAUFT

Der Nordpol und der Südpol

 

Der Nordpol ist ganz überzeugt schon Single manches Jahr,

sein Leben sei so ganz allein seit je her wunderbar.

Doch ein Tourist ganz unbedacht verliert in diesem Land

ein Bild von seiner letzten Reis zum Südpol aus der Hand.

Der Anblick dieser Schönheit gleich das nördlich Herz erweicht,

ein Brief verfasst in Leidenschaft den Südpol bald erreicht.

Doch auch wenn nun im Süden tief ins Herz die Liebe fällt,

so gibt es keine grössere Distanz auf dieser Welt.

Die Glut der Sehnsucht schmilzt auf beiden Seiten Eis und Schnee,

und über Kontinente strömen Flüsse, Bach und See.

So kommt es, dass sich irgendwann der Nord und Süd berührt,

und endlich, nach so langer Zeit, die Kraft der Liebe spürt.

Denn merke dir, wie hoch sich Hindernisse auch gestalten,

wenn Liebe einmal ausgeströmt, dann lässt sie sich nicht halten.

September

GRÖSSE: 60 X 60CM
VERKAUFT

Der kleine Wicht

 

Der kleine Wicht

man glaubt es nicht

der hatte Gicht

ganz fürchterlicht

er geht zum Doktor und er spricht

ach bitte, hilf dem armen Wicht,

denn so gefällt das Leben nicht.

 

Der Doktor ernst ergreift das Wort

ganz einfach ist`s, sagt er sofort.

Vergiss ab jetzt all den Komfort

Wer täglich in der Sauna schmort

treibt Sport und Sport in einem fort

hat keine Schmerzen hier und dort.

 

Der kleine Wicht nun wieder heiter

geht weg und leidet lieber weiter.

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September

GRÖSSE: 60 X 60CM
PREIS JE: FR. 390.-

Der soziale Abstieg des Arthur von Gummibaum

 

Er war die Zierde des Salons von Sir und Lady Hamilton. Stramm und stolz stand er zwischen dem Divan im Rokokostil und der barocken Récamiere, trennte unaufdringlich die beiden Stilrichtungen, schützte den Brokatteppich vor Tageslicht und hielt den Staub vom Salontisch fern. Täglich wurden seine Blätter vom Butler poliert, bis sie die Lichter des Kronleuchters spiegelten. Seiner gesellschaftlichen Wichtigkeit bewusst, erfüllte er seine Pflichten anlässlich der zahlreichen Empfänge und Bälle im Hause Hamilton. Er streckte seine Äste und Blätter aus, um Gespräche, die auf dem Divan und der Récamiere geführt wurden, voreinander zu schützen, oder zog die Äste diskret zurück, um verstohlene Blicke zu ermöglichen, falls sich auf der einen Seite eine Dame und auf der anderen Seite ein Gentleman niedergelassen hatten. Niemals hätte er ein Gespräch belauscht, sich aufgedrängt oder gar unangepasst verhalten. Er war ein Gummibaum der obersten Klasse. Er wusste, was sich gehörte.

Doch die Zeit verging, was sie bedauerlicherweise immer tut.

Arthur überlebte Generationen. Das Hause Hamilton verkam. Längst gab es keine Butler mehr, Bälle gehörten der Vergangenheit an, das gesellschaftliche Leben hatte sich verändert. Und nicht zum Guten, wie Arthur säuerlich feststellte. Die Möbel, die nun den Salon ausstatteten, waren von niedriger Qualität, die gesellschaftlichen Anlässe laut und vulgär. Arthurs Dienste wurden nicht mehr gewürdigt. Seine tief verstaubten Blätter hatten keine Aufgabe mehr. Er liess sie hängen, wurde in die Ecke geschoben und vergessen.

Gerade als Arthur seinen Lebensmut komplett verloren hatte und sich auf seinen Tod vorbereitete, wurde ihm eine eigenartige, kleine Topfpflanze zur Seite gestellt. Arthur richtete sich noch einmal zu seiner vollen Grösse auf und erhob seine Blätter. Man musste schliesslich gute Figur machen. Formell, wie es sich gehörte, begrüsste er die neu Angekommene.

Mia Yuccapalme zeigte grenzenlose Bewunderung für den strammen Gummibaum. Was für ein edles Stück Grünzeug. Steif und alt, aber überaus stilvoll.

Mit ihrer unkonventionellen Art erweckte sie den alten Herrn zu neuem Leben. Ihre Fragen löcherten seine Blätter und er erzählte. Seine Gedanken schweiften in ferne Zeiten zurück, zu damals, als man sich noch zu benehmen wusste, als man noch Stil hatte, als man noch jemand war.

Die bewundernden Blicke der Yucca spornten seinen Geist an und beflügelten seine Erinnerungen mit einem Hauch Fantasie. Und je feuriger er erzählte, desto steter wich die Kraft aus seinen Zweigen, bis sie sich schliesslich ganz zu Boden neigten - und auf einen Seufzer tiefster Glückseligkeit folgte sein letzter Atemzug.

Zwei Sorten

 

Es gibt zwei Sorten Ratten

die hungrigen und die satten

Es gibt zwei Sorten Frauen

die dummen und die schlauen

Es gibt zwei Sorten Fische

stinkende und frische

Es gibt zwei Sorten Schweine

schmutzige und reine

Es gibt zwei Sorten Bären

die leichten und die schweren

Es gibt zwei Sorten Finken

die duften und die stinken        

Es gibt zwei Sorten Damen

die kecken und die lahmen

es gibt zwei Sorten Weine

grusige und feine                 

Es gibt zwei Sorten Truhen

die offenen und die zuen              

Es gibt zwei Sorten Söhne

hässliche und schöne

Es gibt zwei Sorten Aale

rundere und schmale                

Es gibt zwei Sorten Goofen

die netten und die doofen  

Es gibt zwei Sorten Spalten

die warmen und die kalten

Es gibt zwei Sorten Drachen

die fetten und die flachen

Es gibt zwei Sorten Schlangen

die kurzen und die langen

 

Von allem gibts zwei Sorten

in Bild oder in Worten

Doch etwas gibts nur eins

Toffifee!

Oktober

VERKAUFT

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Oktober

GRÖSSE: 30 X 30CM
PREIS: je Fr. 250.-

Unterwassermärchen

 

Es war einmal eine Alge im grossen, weiten Ozean.

Sie wiegte sich so sanft mit den Wellen im Takt, dass alle sie nur Rhythmus nannten.

Die Alge war auch sehr klug.

Viele Meerestiere kamen zu ihr, um sich Rat zu holen, und die Alge konnte allen helfen.

Eines Tages kam der Fischkönig und sprach:

«Liebe Rhythmus, ich habe gehört, dass du sehr klug bist. Wenn du mir helfen kannst, werde ich dich reich belohnen.»

«Wie ist dein Anliegen?», fragte die Alge.

«Viele Fischschwärme ziehen an meinem Königreich vorbei, wie locke ich sie in mein Reich und mache sie zu meinen Untertanen?»

Die Alge sprach: «Gib mir eine Woche Zeit.»

Sie beobachtete die Fischschwärme eine Woche lang ganz genau.

Dann kam der Fischkönig zurück und fragte: «Nun, liebe Alge, hast du die Lösung gefunden?»

«Lieber Herr König», antwortete die Alge, «der erste Fischschwarm am Morgen folgt dem Sonnenlicht. Schicke am Morgen die Neonfische hinaus und der Schwarm wird ihnen folgen.»

Der Fischkönig war begeistert.

«Der zweite Fischschwarm folgt dem roten Punkt auf der Schwanzflosse des Anführers. Male rote Punkte auf die Steine in deinem Reich und die Fische werden und zu dir kommen.»

Der Fischkönig jubelte.

«Der Schwarm am Abend folgt dem Geruch der Seealgen. Nimm mich und all meine Freunde als Gäste in dein Reich und du wirst auch den dritten Schwarm bekommen.»

Der Fischkönig war überwältigt vor Dankbarkeit.

«Liebe Alge Rhythmus. Du bist in meinem Reich willkommen und alle deine Freunde dazu. Noch nie habe ich eine so kluge Alge getroffen, bitte werde meine Frau.»

Die Algo-rithmus und der König feierten Hochzeit und lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.

November

GRÖSSE: 25 X 25CM
PREIS je Fr. 90,-

DAS PRINZIP

 

Die Sonnerie ist die Visitenkarte des Hauses,

da kann man nicht einfach seinen Namen

auf ein x-beliebiges Zettelchen schreiben    

-schlimmstenfalls noch in Handschrift-    

und an seinen Klingelknopf kleben.

Nein, wie würde das denn aussehen?

 

Wo kämen wir da hin, wenn das jeder täte?

Also, mir wäre es ja gleich, ich mein ja nur

ABER ES GEHT UMS PRINZIP.

 

Vor der Wohnungstüre dürfen keine Schuhe stehen,

wie sieht das denn aus im Treppenhaus?

Platz hätte es zwar genug und es sieht auch keiner,

es nehmen ja alle mit dem Lift.

Aber trotzdem, wie würde das denn aussehen?

 

Wo kämen wir da hin, wenn das jeder täte?

Also, mir wäre es ja gleich, ich mein ja nur

ABER ES GEHT UMS PRINZIP.

 

Im Veloraum steht noch mein Velo,

ich fahre zwar nicht mehr,

aber der Platz gehört mir,

schliesslich bezahle ich genau so viel,

es ist mein Recht.

Diese Familie mit vier Bikes, das geht doch nicht!

 

Wo kämen wir da hin, wenn das jeder täte?

Also, mir wäre es ja gleich, ich mein ja nur

ABER ES GEHT UMS PRINZIP.

 

In der Garage muss Ordnung sein,

der Parkplatz ist nur für Autos,

Sommerreifen auf dem Parkplatz oder sogar noch Skis und Bikes,

wie würde das denn aussehen?

 

Wo kämen wir da hin, wenn das jeder täte?

Also, mir wäre es ja gleich, ich mein ja nur

ABER ES GEHT UMS PRINZIP.

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Prinzip9.jpg
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November

GRÖSSE: 60 X 60CM
PREIS: Fr. 490.-

Der Denker

 

Es denke der, der denken kann

für welchen Trieb er lebt,

so kann es sein, dass manch ein Mann

nach Macht und Reichtum strebt.

 

Ist Macht und Reichtum wohl für ihn

ein Auto, Haus und Geld,

wünscht sich der arme Mensch im Krieg

nur Frieden auf der Welt.

 

Der wahre Reichtum, denkt ein Kind

ist Eis, so viel ich will.

Dass meine Liebsten bei mir sind

denkt sich die Alte still.

 

Der Kranke weiss, ein Reicher ist

gesund und voller Mut,

und ein gestresster Mensch, der misst

die Zeit als höchstes Gut.

 

Essen für mich und meinen Sohn

denkt sich die arme Frau.

Der Reiche wünscht sich immer schon

«ein Freund dem ich vertrau».

 

Was wirklich wahrer Reichtum ist,

ist nicht für alle gleich,

wenn du mit dir zufrieden bist

glaub mir, dann bist du reich.

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